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Diabetes & Wandern

Diabetes & Wandern

Bei (fast) jeder körperlichen Aktivität muss man als Diabetiker*in einiges beachten. So sollte u.a. ganz individuell die Insulindosis und die Kohlenhydratzufuhr vor und/oder während der Aktivität angepasst sowie regelmäßig der Blutzucker kontrolliert werden. Mir half vor allem am Anfang als frische Diabetikerin die "Diabetes - und Sportfibel" von Ulrike Thurm und Bernhard Gehr, welche mir damals wie heute viele hilfreiche Tipps rund um das Thema Sport und Diabetes liefern. Sich selbstständig das Basiswissen anzulesen und eigene Erfahrungen zu sammeln, kann dir leider niemand abnehmen.

Welche individuellen Erfahrungen ich jedoch beim Wandern mit meinem Diabetes mache, erfährst du in diesem Blogeintrag.

Wandern in der Ammerschlucht

Da ich mit meiner Hündin täglich ausgedehnte Spaziergänge und auch regelmäßig am Wochenende Wanderungen unternehme, würde ich Wandern zu Aktivitäten zählen, an die mein Körper gewöhnt ist und welche ich bezüglich meines Diabetes mittlerweile eigentlich gut einschätzen kann. Weit gefehlt.

Den Bolusfaktor reduzieren

In Bayern unternahmen wir eine Halbtageswanderung in der Ammerschlucht bei Saulgrub. Als Vorbereitung reduzierte ich beim Frühstück den Bolusfaktor des Insulins um die Hälfte, da die Wanderung ca. eine Stunde später beginnen und sie somit auf das Wirkmaximum des Insulins fallen würde. Die Wanderung führte uns durch die Schluchtenlandschaft entlang der Ammerleite, durch verschneite Wälder und hoch  hinauf auf Almen - Eine beeindruckende Landschaft, als hätte sie Bob Ross gemalt. Nach ca. zwei Stunden sportlichen Wanderns legten wir eine Pause auf einer sonnigen Alm ein. Vom Wandern wird man ja bekanntlich hungrig und so gab es ein belegtes Vollkornbrot und eine Banane. Beides gewohnte Mahlzeiten, deren Kohlenhydratmenge ich kenne. Da die Wanderung noch mindestens zwei Stunden dauern würde, reduzierte ich auch hier den Bolusfaktor und spritze nur die Hälfte des erforderlichen Insulins. Weiter ging es die immer anspruchsvoller werdenden Wege entlang. Als Höhepunkt beeindruckten die Schleierfälle, die sich über Jahrhunderte aus Kalk und Moos gebildet haben und als Naturdenkmal geschützt sind. 



Hallo! Ich brauche Zucker!

Trotz meines vorsichtigen Spritzens mussten wir die Wanderung nach ca. einer Stunde aufgrund einer Unterzuckerung kurz unterbrechen. Genügend Hypohelfer dürfen auf einer Wanderung natürlich nicht fehlen. Ich bevorzuge O-Saft oder Apfelschorle. Ich hatte die körperliche Anstrengung, die mir die steilen Aufstiege abverlangten, wohl unterschätzt. Wahrscheinlich hätte ich nur ein Viertel des benötigten Insulins spritzen müssen, da vom Frühstück immer noch etwas Insulin wirkte und es Nachmittags war, wo meine Insulinempfindlichkeit ohnehin deutlich erhöht ist. Das noch wirksame Insulin und die Tageszeit zu berücksichtigen hatte ich also völlig vergessen. Nach einer kurzen Pause setzten wir die Wanderung fort. Meine Hündin Tüte hatte den Spaß ihres Lebens und sauste die hügeligen Wege hinauf und hinunter. Sie bewertete die Wanderung mit fünf von fünf Pfoten und auch wir würden sie zu einer unserer schönsten und abwechslungsreichsten Wanderungen zählen. 

...und dann klingelt nachts der Sensor

Nach einem gemütlichem Bierchen am Fluss schliefen wir früh in unserem Bulli ein, und ich leider zweimal in der Nacht von dem Klingeln meines Sensors wieder auf. Die Unterzuckerungen hatten es in sich: Nach insgesamt einer 330 ml Flasche O-Saft, einer Banane und zwei Schokoriegeln ließ mich mein Diabetes in Ruhe und ich konnte gegen 4 Uhr endlich wieder einschlafen. Ich hatte die doch 4,5 stündige Wanderung und den anschließenden Alkohol wohl völlig unterschätzt. Dabei weiß ich es doch eigentlich besser: Die Theorie sagt, dass es den Muskelauffülleffekt gibt. Die Theorie sagt, dass man je nach körperlicher Anstrengung ein bis zwei KE (Kohlenhydrateinheiten) extra essen soll. Die Theorie sagt, dass man nach dem Sport keinen Alkohol trinken soll. All das soll ich, all das weiß ich. Und trotzdem habe ich es nach der Wanderung vergessen, habe die Auswirkung auf meinen Körper unterschätzt. Habe unterschätzt, was mein Körper selbst regulieren bzw. aufgrund des Diabetes nun nicht mehr selbst regulieren kann. 

Ein frustrierendes Gefühl überkam mich. Ich mache mir so viele Gedanken, versuche alles zu berücksichtigen, mache Sport und versuche, mich gesund zu ernähren und... es reicht trotzdem nicht. Aber was hilft es? Frust abschütteln, Situation reflektieren, daraus lernen und versuchen, es beim nächsten Mal (noch) besser zu machen. Die Lust am Wandern lasse ich mir auf jeden Fall nicht nehmen!

Eure Zuckertüte


Kommentare

  1. Das war mal wieder sehr interessant und informativ. Ich freue mich jedesmal, wenn ich den Blog öffne und es wieder einen neuen Eintrag gibt. Auch die Fotos genieße ich sehr. So ist man doch ein bisschen dabei. Weiter so!

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