Direkt zum Hauptbereich

Der Regen wird vorbeiziehen

Der Regen wird vorbeiziehen

Donner. Die ersten Regentropfen plätschern heute morgen auf die schrägen Dachfenster unseres Apartments. Für heute ist wie für die letzten Tage wechselhaftes Wetter mit Gewitterschauern angesagt. Christian liegt noch krank im Bett. 

Zlatibor

Seit fünf Tagen sind wir nun in dem Ski-Touristenort Zlatibor. Den Ort, der weder durch seine vielen Baustellen, noch durch seinen Lärm oder seine Touristenverkaufsstände besticht, wollten wir eigentlich nach drei Tagen wieder verlassen. Die angekündigten Regentage wollten wir hier gerne in einem Luxushotel verbringen, welches wir dank (noch) Nebensaison sehr günstig buchen konnten. Sauna und Pool fast für uns alleine? Check! Super schönes Apartment? Check! Leckeres Restaurant um die Ecke? Check. Umgeben von einer schönen Landschaft? Check. Wir hätten es wirklich schlimmer treffen können :-) Doch nach einem eigentlich sehr leckeren Essen am zweiten Tag wurde Christian übel, eine leichte Lebensmittelvergiftung vielleicht? Seit drei Tagen liegt er nun mit Übelkeit und Grippesymptomen im Bett. So erkundete ich bei besserem Wetter als angekündigt die Umgebung alleine mit Tüte, machte ausgedehnte Spaziergänge über die blumige Hügellandschaft, wurde neun Kilometer mit der längsten Gondel der Welt auf einen 1500m hohen Berg transportiert und verbrachte die Abende in der gemütlichen Sauna mit riesigem Pool.

Auch in Serbien gibt es Palatschinken in jedem Restaurant und Cafe. Meine Leibspeise. Nach einem langen Spaziergang mit Tüte gönnte ich mir einen Pfannkuchen, der meine Werte natürlich in die Höhe schießen ließ (ja ich weiß, eigentlich macht es mehr Sinn, so etwas vor der körperlichen Aktivität zu essen). Auch zwei Stunden später beim Nachspritzen sanken meine Werte nicht. In Foren hatte ich gelesen, dass  das Insulin bei hohen Werten nicht mehr so stark wirkt, da die Insulinsensitivität und somit auch seine Wirkung reduziert ist. Was helfen soll, ist eine "Aktivierung" der Insulinwirkung durch körperliche Betätigung. Diesen Effekt hatte ich auch schon einmal bei mir beobachten können. Also hieß es: im Hotel 10 Minuten Treppen laufen in den dritten Stock und wieder herunter. Und siehe da, es funktionierte, mein Blutzucker sank endlich nach Stunden wieder :-)











Tüte machte mal wieder Bekanntschaft mit zahlreichen Straßenhunden, welche dank der Touristen und sich kümmernden Einheimischen größtenteils gut genährt und gepflegt sind. Ein Welpe ist süßer als der andere. Ein bisschen eingeknickt sind wir schon und geben ihnen immer ein bisschen Futter von Tüte ab. An das Bild der Straßenhunde habe ich mich schon gewöhnt und ich denke, wenn sie nicht verletzt sind oder von Tierfängern eingefangen und später getötet werden, geht es ihnen ganz gut. Sie sind frei und ihnen wird nicht langweilig, im Gegensatz zu den angeketteten Hofhunden, die oft an einer sehr kurzen Leine am Hals angebunden oder in einem zugekoteten zwei Quadratmeter Zwinger ohne Schutz vor der Sonne eingesperrt sind. Auch die Pferde, die für das Touristenreiten den ganzen Tag, zum Teil am Baustellenzaun neben dem Lärm des Baggers, angebunden sind, tun mir leid. Bei einem Spaziergang kam ich zufällig an der Pferderanch vorbei und war geschockt über die Haltungsbedingungnen der anderen Heim - und Nutztiere in ihrem Mini-Zoo (siehe Fotos). Ich habe die Ranch einer Tierschutzorganisation gemeldet, da ich nicht weiß, ob diese Haltung nach serbischen Tierschutzgesetzt erlaubt oder tierschutzwidrig ist. Natürlich meinen es die Menschen - genau wie in Deutschland und anderen Ländern - meist nicht böse und sind auf die Tiere als ihre Einkommensquelle angewiesen. Aber für mehr Aufklärung und Empathie für die Tiere kann sich überall mehr eingesetzt werden. 




Tara - Gebirge

Zuvor verbrachten wir einige Tage in dem Tara-Gebirge im Westen Serbiens. Wir fanden ein auf einem Hügel mitten im Wald gelegenes Hostel. Da wir erst am Abend ankamen und die Besitzer spontan anriefen, sagten sie uns, wo der Schlüssel versteckt war und wir hatten das Hostel ganz für uns alleine. Geheizt wurde mit einem Kamin und die Lage ermöglichte Tüte mal wieder eine extensive Hundehaltung. Bei einer tollen Wanderung durch den Mischwald zu einem Aussichtspunkt konnten wir über den Fluss Drina bis nach Bosnien-Herzegowina schauen und wurden von einem Hund aus dem Ort begleitet, was Tüte sehr freute. Bei einer Mountainbike-Tour schloss sich uns und Tüte wieder ein anderer Hund an. Wer also Urlaub mit Hund machen möchte, nicht aber über einen eigenen verfügt, ist in Serbien genau richtig :-). Bei unseren Touren wollte ich meine Diabetestherapie etwas verbessern und mein neu angelesenes Wissen über Sport und Diabetes anwenden. Deswegen verringerte ich sowohl die Basalinsulindosis als auch das zum Essen gespritzte Insulin. Die Touren sollten den halben Tag dauern und sehr anstrengend werden. Leider war entweder die Verringerung des Insulins zu stark oder die körperliche Anstrengung doch nicht so extrem wie erwartet, denn beide Tage lief ich mit hohen Werten über 200 mg/dl herum. Bei so hohen Werten fühle ich mich körperlich schlecht, bin müde und habe keine Energie, was auch die Touren sehr anstrengend machten. Trotzdem machte uns das Mountainbiken und auch die Wanderung großen Spaß und wir genossen die wunderschöne Natur um uns herum. Da meine Werte auch abends noch nicht heruntergegangen waren, spritze ich vorsichtig Korrektur. Leider war auch das nicht richtig, sodass ich ziemlich schnell in eine Unterzuckerung rauschte, welche Tüte aber zu meiner Freude anzeigte :-) Es gab eine große Party!











Nach aktiven Tagen in der wunderschönen Natur, netten Mensch- und Hundebekanntschaften und leckerem Krautsalat (es ist nicht so einfach, hier vegetarisch zu essen) verließen wir das Mystic Forest Hostel und fuhren weiter nach Zlatibor. Auf dem Weg brach dann das Gewitter über mir zusammen. Das erste Mal seit meiner Diagnose hatte ich das Gefühl, keine Kraft mehr zu haben, um mich um meine Krankheit zu kümmern. Es ist ein 24-Stunden Job. Ich war sehr traurig, da meine Werte immer wieder so hoch waren und verrückt gespielt haben. Es macht mir Sorgen, es macht mir Angst, es nimmt mir den Spaß, kostet Energie. Es ist einfach so viel Arbeit und ich muss realisieren, dass ich einfach nicht mehr gesund bin, das habe ich die ganze Zeit ein bisschen versucht, zu ignorieren. Ich habe keine Lust mehr, ich habe keine Kraft mehr. Und auch keine Motivation, denn egal wie ich es mache, die Werte sind nicht so, wie ich sie haben möchte. Aber es werden wieder bessere Tage kommen. 

Nun hoffen wir, dass der Regen, Christians Krankheit und meine Motivationslosigkeit bald vorbeiziehen und wir weiter Richtung Montenegro fahren können. 

Eure Zuckertüten

Kommentare

  1. Ein sehr berührender Blog. Ich wünsche euch, dass ihr schnell wieder die Kraft zurückbekommt, eure Abenteuerreise zu genießen. Die Fotos sind wieder einmal faszinierend. Freue mich schon auf den nächsten Beitrag.

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts aus diesem Blog

Meer geht nicht!

Meer geht nicht! In Omis verbrachten wir ganze fünf Tage, denn hier am Meer mit einem frischen Wind konnten wir es gut aushalten. Doch nicht nur das Meer, sondern auch ein glasklarer, kühler Fluss umgeben das kleine Örtchen. Wir unternahmen eine Bootstour auf dem Fluss durch den Cetina- Canyon und aßen Abends sehr leckeren Fisch in einem gemütlichen Restaurant während hinter uns Fußball lief.  Der Windsurfunterricht, welchen wir von der campingplatzeigenen Windsurfschule erhielten, machte uns riesigen Spaß. Bei leichtem Wind war es recht einfach auf dem Board voranzukommen, was uns schnelle Erfolgserlebnisse brachte. Bei stärkerem Wind war es jedoch schon etwas schwerer, das Segel zu drehen und zu lenken. Da auch dies eine neue Sportart mit Diabetes für mich war, aß ich ihm Vorhinein eine Sport KE (Kohlenhydrateinheit) und kontrollierte meinen Blutzucker regelmäßig. Als es nach der zweiten Unterrichtsstunde hieß, wir fahren jetzt weiter hinaus aufs Meer, checkte ich noch einmal mei...

Doviđenja Hrvatska - Dobar Dan Srbija

Doviđenja Hrvatska - Dobar Dan Srbija Geschafft. Wir sind in Serbien. Mit negativem Corona-Test und nach zweistündigem Stau an der Grenze entspannen wir nun bei gutem Wetter auf einem (mal wieder) menschenleeren Öko-Campingplatz im Nationalpark Fruska Gora. Zum Glück gibt es hier keine giftigen Schlangen, sodass auch Tüte an die lange Leine darf und ihre Hundeseele baumeln lassen kann :-) Denn die letzten Tage, waren dank Corona, doch wieder etwas aufwendiger als geplant... Fast mehr Storche als Einwohnende Zunächst verbrachten wir nach Zagreb zwei schöne Tage in dem Naturschutzggebiet Lonjsko Polje in dem  Ort  Čigoć , in dem auf drei Einwohnende ein Storchenpaar kommt. Auf wirklich jedem alten, traditionellen Holzhaus befindet sich ein ca. 900kg schweres (laut Infotafel?) Nest, auf dem die Storche klappern. Hier scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Wir übernachteten auf einem kleinen, familiären Campingplatz mit eigenem Restaurant. Das erste Mal in meinem Leb...

Ein ulmiges Gefühl

Ein ulmiges Gefühl Mit einem Plaster auf dem rechten Arm sitze ich im ICE von Ulm Richtung Köln. Ich werde meine Geschwister besuchen und mit ihnen einen kleinen Roadtrip unternehmen. Christian wird mit Freunden bzw. seiner Familie Urlaub machen. Die letzten Tage begleitet mich so ein seltsames Gefühl. Ein ulmiges Gefühl. Weder gut noch schlecht oder eher: sowohl als auch. Vielleicht ein grundlegend positives Gefühl mit einem bitteren bzw. melancholischen Beigeschmack? Ich kann es nicht so richtig beschreiben, aber deswegen heißt es ja auch "Gefühl". Etwas, das sich eben irgendwie anfühlt... Ein ulmiges Gefühl, dass unsere gemeinsame Reise jetzt zuende ist. Die Zeit kam mir einerseits ewig vor. Eine Zeit, in der wir aufregende, wunderschöne, anstrengende, emotionale und auch entspannte Momente erlebt haben. Wir haben tolle Menschen kennengelernt und Herausforderungen zusammen gemeistert. Während der Reise schien die Welt um uns herum stehen geblieben zu sein. Kein Alltag, kei...